Stellungahme des Bezirksverbands und des OV Göttingen zu den Äußerungen des DGB-Landesvorsitzenden Hartmut Tölle
Am 5. November 2015 wurde das ehemalige DGB-Haus in der Oberen Masch Straße 10 von engagierten Göttinger*Innen besetzt, um menschenwürdigen Wohnraum für Geflüchtete und andere von Wohnungsnot betroffene Menschen zu schaffen. Das Haus, das jahrelang leer stand, ist seitdem unter dem Namen „Our House #OM10“ zu einem Begegnungszentrum für Geflüchtete und Unterstützer*Innen geworden, die Räumlichkeiten wurden instandgesetzt und der ehemalige Sitzungssaal für Sprachkurse, Bildungs- und Kulturveranstaltungen und die regionale antirassistische Vernetzungsarbeit genutzt. In den bereits renovierten ehemaligen Büroräumen sind die ersten Bewohner*Innen eingezogen, einige der Räume werden von Geflüchteten als Nachtquartier auf ihrer weiteren Reise genutzt. Die OM 10 genießt große Akzeptanz in der Göttinger Bevölkerung und wird von vielen Menschen aktiv und durch Spenden unterstützt. Die Besetzer*Innen suchten von Anfang an den Kontakt zum Deutschen Gewerkschaftsbund um über eine gemeinsame Lösung zur Nutzung des Hauses zu verhandeln. Das Angebot wurde seitens des DGB bisher nicht angenommen.
Umso schockierender sind die Äußerungen des DGB-Landesvorsitzenden, Hartmut Tölle, über das Haus und seine Bewohner*Innen und Unterstützer*Innen. Laut eines Artikels des Göttinger Tageblatts (veröffentlicht am 28.1.16) hätten diese nur „Flausen im Kopf“ und er verstieg sich in der Behauptung, man müsse „bei allem Gutmenschentum, auch mal aussprechen, dass die Neigung, Flüchtlinge in der Altstadt zu haben, nicht so ausgeprägt ist“. Zumindest nicht bei Herrn Tölle, müsste man hier hinzufügen. Nicht nur, dass er sich hier als vermeintlicher Tabubrecher einer Strategie bedient, wie sie bei Pegida und Co zu finden ist und er auch gleich das entsprechende Vokabular mitliefert, beweisen seine Aussagen nur, dass er keine Ahnung von der Situation vor Ort hat. Woher auch. Er selber war nur einmal kurz direkt nach der Besetzung vor Ort, den Mitarbeiter*Innen des DGB wurde per Arbeitsanweisung untersagt, Kontakt zur OM 10 und zu den Unterstützer*Innen des Projektes aufzunehmen. Diese Anordnung belastet zur Zeit bereits die gewerkschaftliche und antirassistische Zusammenarbeit vor Ort, so im 1.Mai-Jugendbündnis und im Göttinger Bündnis gegen Rechts, wo wir als SJ – Die Falken aktiv sind.
Die Äußerungen Tölles reproduzieren darüber hinaus einen Diskurs, der an Stelle der Willkommenskultur der Sommermonate nur noch die vermeintlichen Unterschiede zwischen Geflüchteten und „Einheimischen“ betont. Damit einher geht die zunehmende ordnungspolitische Drangsalierung von Geflüchteten und der gesetzliche Angriff gegen das Grund- und Menschenrecht auf Asyl.
Die Initiative Our House #OM 10 zeigt dagegen eine praktische Alternative zur Ausspielung der Interessen von prekarisierten Menschen und Geflüchteten auf, indem sie gemeinsamen Wohnraum für alle schaffen will. Das schließt alle Menschen ein, die nach Deutschland fliehen oder bereits hier lebend von Wohnraummangel betroffen sind. Die Besetzung des ehemaligen DGB-Hauses ist ein erster Schritt für humane Wohnbedingungen für Geflüchtete in Göttingen und ein Beispiel, das Schule machen sollte.
Wir fordern daher den DGB auf, mit den neuen Bewohner*Innen der OM 10 und den Unterstützer*Innen zu Verhandlungen zusammenzukommen und eine Lösung zu finden, die die Interessen von Geflüchteten und Unterstützer*Innen nicht nur berücksichtigt, sonder sie aktiv beteiligt.
Unterstützt uns in unserer Forderung, schickt Solidaritätserklärungen an die OM 10, unterschreibt den Aufruf des (Göttinger Betriebsexpress) schreibt euren lokalen und überregionalen Gewerkschaftssekretären meldet euch direkt bei Herrn Tölle.